Massive Angriffe auf den Papst: Er sei erzkonservativ, stoße die Juden vor den Kopf, führe die Kirche in vorkonziliare Zeiten zurück, mißachte die Wünsche der Lokalkirche... Tatsächlich ist Benedikt XVI. trotz allem die große Autorität unserer Tage. Welcher Segen, daß die katholische Kirche auf den Felsen Petri gegründet ist!
Es läßt sich belegen: Der Papst genießt weltweit ein einzigartiges Ansehen, das ihm eigentlich nicht zukäme, wenn er wirklich nur der “Mensch von nebenan wäre, der ist wie du und ich" (ohne nachzudenken, ob das ein Kompliment oder Spott wäre). Joseph Roth meinte sogar, daß die Nazis Papst und Kirche mehr als die Juden haßten, weil sie nicht den Davidstern, wohl aber Evangelium und Papst in Rom fürchteten! Warum, wenn die Kirche nur Menschenwerk ist und der Papst “auch nur ein Mensch" ist?
Ja, letzteres ist er natürlich auch, wer könnte es leugnen, und einen “menschlicheren Menschen" als den heiligen Petrus kann man sich kaum denken. Ebenso waren die vielen Päpste der Geschichte: menschlich, auch allzu menschlich, und “nichts so sehr wie Menschen." Ja, das alles ist wahr, und Jesus hat seine Apostel immer wieder wegen ihrer “Allzu-Menschlichkeit" getadelt, wegen ihres Kleinglaubens, ihrer Ängstlichkeit und ihrem Nichtverstehen!
Aber Jesus hat den Simon auch Seinen “Felsen" genannt und zwar einen Felsen, auf den Er, Jesus, Seine Kirche bauen wollte und auch wirklich gebaut hat - Seine Kirche, weder eine Kirche der Päpste, noch eine Kirche irgendwelcher Pfarrgemeinderäte! Und das, obwohl Er natürlich wußte, daß dieser Petrus, Sein “Fels", ziemlich brüchig war, wie die Geschichte seiner Verleugnung aus Menschenfurcht schlüssig gezeigt hat! War damit diese erste “Papstwahl" eine Fehlbesetzung und gescheitert?
Mitnichten, es war ja, wie Kardinal Thuan wohl mit einem Schmunzeln gesagt hat, eine der “Schwächen Jesu", daß Er die Sünden und das Versagen der Menschen so leicht vergaß - offenbar auch die Brüchigkeit “Seines “Felsens"!
Aber bevor man angesichts der Menschlichkeiten des Petrus lächelt, sollte man sich erinnern, wie klar und eindeutig Petrus Jesus als den Messias erkannte und bekannte und an die Antwort Jesu: “Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen." (Mt 16,17-18).
So also ist das: Dieser Simon-Petrus erkannte und siegte und erkennt und siegt bis ans Zeitenende, und das tut er damals wie heute nicht aus eigener Begabung und aus eigener Kraft, sondern weil es ihm “vom Vater im Himmel" gegeben wurde und wird!
Darum blieb Jesus bei Seiner Erwählung und gab ihm einen Auftrag, der eigentlich jenseits seiner Möglichkeiten lag: Die “Lämmer" der Welt zu weiden, allen das Evangelium zu verkünden!
Wie aber sollte er das, der kleine Fischer aus Galiläa, der dem Anforderungsprofil einer solchen Aufgabe wirklich nicht entsprach? Oder vielleicht doch, mit und gerade wegen seiner mangelnden Qualifikation? Natürlich, da gab es auch noch andere Apostel, die Elf, zusammen mit ihrem “Ersatzmann" für Judas und später mit Paulus: 13 Männer gegen ein Weltreich, 13 gegen die Welt, 13 gegen die kommenden Jahrtausende? Bekanntlich brach zu keiner Zeit und bei keinem Volk heller Jubel aus, wenn die Missionare kamen! Jesus selbst hatte ja gesagt: “Schafe unter Wölfen", wie sollte das nur gut gehen?
Aber es ging weiter, allen Verfolgungen zum Trotz. Und es geht weiter, auch wenn moderne Kirchenhasser - die Niederlage all ihrer kleinen und großen Vorgänger vergessend - Pläne schmieden, um die Kirche samt ihrem “Felsen" in die Luft zu sprengen, und sich dabei Chancen ausrechnen, daß ihnen gelingen wird, was nicht einmal Leuten wie Stalin und Hitler gelang? Aber warum will und will es nicht gelingen?
Das Konzil und der Katechismus geben keine Antwort auf diese Frage, sie sagen nur: “Der Papst, der Bischof von Rom und Nachfolger des heiligen Petrus, hat kraft seines Amtes, des Stellvertreters Christi und des Hirten der ganzen Kirche, die volle, höchste und allgemeine Vollmacht über die Kirche, die er immer frei ausüben kann."
Wenn die erste Antwort noch irgendwie als ein exzentrischer Titel, wie es deren viele gibt, ausgelegt werden könnte, so kann man nur, je nach Glauben oder Unglauben, innerlich auf die Knie sinken oder in ein spöttisches und wütendes Lachen ausbrechen, wenn die Kirche erklärend hinzufügt: “Um die Kirche in der Reinheit des von den Aposteln überlieferten Glaubens zu erhalten, wollte Christus, der ja die Wahrheit ist, seine Kirche an seiner eigenen Unfehlbarkeit teilhaben lassen."
Und wem das immer noch nicht reicht: “Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der Römische Bischof, das Haupt des Kollegiums der Bischöfe, kraft seines Amtes, wenn er als oberster Hirt und Lehrer seine Brüder im Glauben stärkt, eine Lehre über den Glauben oder die Sitten in einem endgültigen Akt verkündet."
Reiben sich an diesen Sätzen nicht auch Katholiken? Ja, auf jeden Fall diejenigen, die ohnehin “Kleingläubige" sind oder innerlich schon längst mit einem Fuß außerhalb der Kirche stehen. Wirklich gläubige Katholiken nicht? Ja doch auch, denn natürlich verstehen auch sie nicht das Mysterium der Unfehlbarkeit, wie übrigens auch der Papst selbst es nicht versteht und nicht “erklären" kann! Außerdem kann es schon sein, daß der Papst den Gläubigen eine Lehre verkündet, die sie überrascht, die ihren Überzeugungen zuwiderläuft oder, vielleicht noch schlimmer, in ihr Leben eingreift, wie dies, klassisches Beispiel, die Lehre zur Empfängnisverhütung (in Humanae vitae) getan hat und tut! Aber, und das ist der Unterschied, Katholiken ordnen sich unter, sie nehmen die Lehre “gehorsam" an!
Also doch! Unmündige, die ihr eigenes Denken opfern zugunsten einer Autorität und deren Größenwahn? Und das alles, obwohl er doch “nur ein Mensch ist"?
Nein, natürlich nicht! Der Katholik, der den Spruch des Papstes als “wahr" annimmt, ihm gehorcht, sich unterordnet und seine eigenen Überzeugungen zur Seite schiebt, ordnet sich nicht einem Menschen unter, der vielleicht gescheiter ist als er selbst. Er gehorcht Gott, Gott allein, dem Gott, der durch den Papst zu ihm spricht und nur, insoweit Er das tut!
Denn: “Gott spricht durch den Papst" heißt nicht, daß Er immer durch ihn spricht, und alles, was der Papst sagt, unfehlbar wäre und den gleichen Anspruch auf Glauben und Gehorsam hätte! Es ist keineswegs schwierig, diese Einschränkung in der Geschichte der Päpste mit vielen Beispielen zu belegen: Manche Äußerungen wären zum Lachen, andere zum Weinen, manchmal fordern die Päpste selbst dazu auf, ihnen nicht alles zu glauben, sondern kritisch mitzudenken - wie Papst Benedikt XVI. bezüglich seines Jesusbuches!
Vom nur Menschlichen der Päpste zurück zu ihrer Einzigartigkeit: Also, der Papst hat Anteil an der Unfehlbarkeit Jesu Christi. “Anteil", das heißt er “besitzt" sie nicht, weil er so gescheit wäre, sondern nur, weil ihm Anteil geschenkt wurde! Dazu kommt: Dieser “Anteil an der Sicherheit in Fragen der Wahrheit" ist dem Papst nur gegeben in Hinblick auf die Sicherstellung der Lehre der Apostel, zu ihrem Schutz gegen Entstellung, sei es durch Streichung, sei es durch Zufügung!
Was bedeutet diese Lehre der Kirche für den Katholiken? Seufzen, Murren, Aufbegehren, weil seine Freiheit beschränkt wird? Das Gegenteil ist der Fall! Wer einen guten Bergführer in den Bergen oder ein GPS im Straßengewirr einer fremden Großstadt hat, ist nicht seiner Freiheit beraubt, im Gegenteil: Er ist befreit von der Angst, in einer Gletscherspalte zu landen, er kann sich nicht verirren, er wird sein Ziel erreichen.
Unfehlbarkeit - ein Ärgernis? Nein, ein unschätzbares Geschenk! Wenn es diese Unfehlbarkeit nicht gäbe, müßte man sie erfinden? Ja, nur wie denn? Der Versuch, sie einfach einem “Führer" zuzuschreiben, ist noch dümmer, als sie sich von der “Mehrheit" zu erwarten, aber dumm sind alle solche Unfehlbarkeitsträume. Unfehlbarkeit? Eine Eigenschaft, die nur Gott zukommt, und “ein klein wenig" demjenigen, dem Er, Gott, im Rahmen dessen, was für uns wichtig ist, daran “Anteil" gegeben hat, dem Lehramt der Kirche mit dem Papst an der Spitze!
So ist es: So wie am Schöpfungsmorgen alles Lebendige des Lichtes bedurfte und Gott darum die Sonne schuf, so brauchen die Menschen aller Jahrhunderte und aller Völker das Licht der Wahrheit, und darum ist Gott selbst gekommen als “das Licht" und hat uns das Licht hinterlassen in der Gestalt des Lehramtes der Kirche! Gute und vernünftige Ungläubige sind jene, die sagen: “Schön wäre es, wenn es wahr wäre!" Böse und dumme Ungläubige lieben die “Finsternis mehr als das Licht!" (Joh 3,19)
Die Unfehlbarkeit des Papstes? Nicht Ärgernis, sondern Grund größter Freude für den Christen: Freude darüber, auf die wichtigsten Fragen, die ein Mensch überhaupt stellen kann, absolut sichere Antwort zu erhalten! Wenn die Juden ihr Fest “Simchat Tora" feiern, sagen sie: “Man freut sich wie Braut und Bräutigam über die Thora, durch die Gott Israel Sein Gesetz gegeben hat!", wie sollten sich die Christen nicht noch mehr freuen, wenn wahr ist: “Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt." (Joh 12,46).
Es bleibt geheimnisvoll, und doch: wahrscheinlich spüren auch viele Nicht-Christen tief in ihrem Herzen, daß die katholische Kirche Gottes Werk ist und der Papst der Stellvertreter Christi auf Erden ist! Darum ehren ihn die Liebhaber des Lichtes, darum hassen ihn die Freunde der Finsternis, aber Gott kennt die Gedanken der Herzen aller! “Meine Lieben", sagte Leo der Große, “Gott hat diesem Mann in Seiner Gnade eine große und wunderbare Teilhabe an Seiner Macht verliehen." Hat Er das? Ja, Gott sei Dank, das hat Er!