Auch wenn mittlerweile manche Klarstellung erfolgt ist, halten wir es doch für zweckmäßig, einen Überblick über die aufgeworfenen Fragen zu geben und die zu ihrer Beurteilung erforderliche Information zu liefern.
Die Aufhebung der Exkommunikationen
Papst Benedikt XVI. hat die Exkommunikation von vier, ohne die Zustimmung Papst Johannes Paul II. geweihten Bischöfe der Pius-Bruderschaft - am 21. Jänner, zeichenhaft am Ende der Gebetswoche für die Einheit der Christen - aufgehoben. Dieser Schritt erfolgte, nachdem der Generalobere der schismatischen Gruppe, Bernard Fellay, dringend um Aufhebung der Sanktion gebeten und versichert hatte, das Lehramt der Kirche und den Primat des Papstes anzuerkennen. Am 28. Jänner erklärte der Papst seinen Schritt: “Ich habe diesen Akt der Barmherzigkeit gesetzt, weil mir diese Prälaten bei mehreren Gelegenheiten ihr großes Leiden bezüglich der Situation, in der sie sich befinden, bekundet hatten."
Der Papst hat damit so gehandelt, wie es im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschrieben wird: dem Sohn, der, um nicht zu verhungern, heimkehrt, entgegenzugehen.
Folgendes sei hinzugefügt:
* Der Papst hätte allen Grund gehabt, gekränkt zu sein. Er hatte die Verhandlungen mit dem Gründer der Pius-Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefèvbre geführt, war diesem sehr entgegengekommen - wurde dann jedoch durch die illegale Weihe der vier Bischöfe brüskiert.
* Die Aufhebung der Exkommunikation ist nicht gleichbedeutend mit Wiedereingliederung der Pius-Bruderschaft. Die vier Bischöfe sind damit nicht rehabilitiert, sie haben keinen kirchenrechtlichen Status, dürfen ihren Dienst nicht ausüben, solange die Versöhnung noch aussteht. Bisher fand “nur die Öffnung einer Türe, um die Bereinigung der offenen und strittigen Fragen in Angriff zu nehmen" (Bischof Kurt Koch) statt.
* Vergleichbare Schritte gab es schon vorher - mit Medienapplaus: 1965 hoben Papst Paul VI. und der Patriarch von Konstantinopel die gegenseitigen Exkommunikationen aus dem Jahr 1054 auf. Damit wurde keineswegs die Kirchengemeinschaft hergestellt, wohl aber der Weg für fruchtbare Gespräche und eine Annäherung geöffnet. Ähnliches erhofft sich der Papst nun in der Beziehung zur Pius-Bruderschaft.
* Diese umfaßt immerhin rund 500 Priester, 600.000 Gläubige, von denen sehr viele den Glauben sehr ernstnehmen, auch wenn sie in mancher Hinsicht verbohrt sein mögen. Besonders in Frankreich und in Deutschland geht der Riß oft mitten durch die Familien. Bei Fortdauer der Spaltung droht eine fortschreitende Entfremdung, wie sie nach dem 1. Vaticanum mit den Altkatholiken stattfand. Gleiches zu verhindern, ist dem Petrusdienst, dem Dienst an der Einheit, aufgetragen. Der Papst tut damit das, was vom Guten Hirten im Gleichnis von den 100 Schafen gesagt wird: Er geht dem einen, verirrten nach.
* Und noch etwas: Die massive Kritik an der päpstlichen Entscheidung ging vor allem von jenen aus, die sonst für Gespräche mit allen und jedem eintreten: mit Juden, Muslimen, Hindus, Buddhisten, natürlich mit dem Dalai Lama oder Hans Küng (der übrigens Teile des 1. Vaticanums ablehnt, deswegen aber nicht exkommuniziert, sondern nur mit einem Lehrverbot belegt ist). Tabu sind nur Gespräche mit den “erzkonservativen, reaktionären, sektiererischen Lefèvbrianern". Das erscheint zumindest inkonsequent.
* Außer Zweifel steht: “Für eine künftige Anerkennung der Bruderschaft St. Pius X. ist die volle Anerkennung des 2. Vatikanischen Konzils und des Lehramtes der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. eine unerläßliche Bedingung." (Stellungnahme des Papstes am 4.2.09 zitiert von Bischof Koch “Brief an die Gläubigen zur schwierigen Situation in der Kirche heute")
Die Holocoust-Leugnung
Zeitgleich mit der Unterschrift unter die Aufhebung der Exkommunikation hat das schwedische Fernsehen ein Interview mit einem der vier Bischöfe, Richard Williamson, ausgestrahlt, in der dieser den millionenfachen Mord an den Juden in den Konzentratonslagern stark relativiert hat.
* Das Timing und die unsinnige, weil den Fakten widersprechende Aussage sprechen für eine gezielte Aktion. Das Interview wurde nämlich schon am 1. November aufgezeichnet, aber erst in dem Moment gesendet, wo es absehbar Schaden anrichten konnte. Dazu Erzbischof Hippolyte Simon, stellvertretender Vorsitzender der Französischen Bischofskonferenz: “Wem nützt der Skandal, der durch die Äußerung einer solchen Obszönität hervorgerufen wird? Die Antwort scheint mir klar: dem- oder denjenigen, die den durch die Unterzeichnung des Dekrets begonnenen Prozeß torpedieren wollen!" Richard Williamson gehört zu diesem Personenkreis - und die laizistischen Medienmacher eben auch.
Der Erfolg war dementsprechend. Dem Papst wurden Rechtslastigkeit, verkappte Judenfeindlichkeit nachgesagt. Wer sich nur ein bißchen Mühe macht, die Einstellung des Papstes zum Holocaust kennenzulernen, der lese nach, was er bei seinem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz (Seite 28) gesagt hat. Und wer wissen will, was Benedikt XVI. über die Juden denkt, braucht nur in seinem Buch Jesus von Nazareth nachzuschlagen.
* Weiters ist festzuhalten, daß der Papst nicht für Äußerungen jedes Bischofs - noch dazu eines schismatischen, bis dahin exkommunizierten - verantwortlich gemacht werden kann, umso mehr als er diese Aussage bei der Unterzeichnung des Dokuments am 21. Jänner nicht kennen konnte.
* Und schließlich haben sich Papst, Kurie und Pius-Bruderschaft eindeutig von Williamsons Äußerungen distanziert. Diesem wurden öffentliche Auftritte ohne Genehmigung des Generaloberen untersagt und er wurde als Leiter des argentinischen Priesterseminars abgesetzt. Sollte er erneut den Holocaust leugnen, werde er aus der Pius-Bruderschaft ausgeschlossen, erklärte Bernard Fellay jüngst dem Spiegel. “Er hat uns Schaden zugefügt und den Ruf geschädigt. Wir distanzieren uns klar."
Die Ernennung von Gerhard Maria Wagner
Am 31. Jänner macht die Nachricht, Papst Benedikt XVI. habe den Pfarrer von Windischgarsten, Gerhard Maria Wagner, zum Weihbischof der Diözese Linz ernannt die Runde . Ab dem 2. Februar wird Kritik an der Entscheidung laut: Sie sei gegen den Willen des Bischofs erfolgt, entspreche nicht dem bewährten pastoralen Weg der Diözese und gefährde deren Einheit, sei ein Versuch, die Diözese an die römische Kandare zu nehmen...
Der Papst wiederum im Schußfeld. Typisch die Wortmeldung des emeritierten Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner: “Freilich, Linz ist in dieser Nach-rechts-schrumpf-Ghettoisierung kein Einzelfall. Der Papst der wunderbaren Predigten hat in den letzten Monaten eine unheilvolle nach rechts gerichtete kirchenpolitische Entscheidung nach der anderen getroffen."
* Was sagten hingegen die zuständigen Stellen? Erzbischof Edmund Farhat, Nuntius in Österreich, und in den Ernennungsvorgang stark eingebunden: “Ich habe den Eindruck, daß man einen Angeklagten verurteilt, ohne daß man gravierende Gründe gegen ihn vorbringen kann. Der Prozeß der Ernennung eines Bischofs ist sehr lange und komplex. Wenn man während dieses Prozesses keine Namen und keine Details über die in Frage kommenden Personen nennt, geschieht das nur aus Respekt vor der Person. (...)
Der Nuntius sammelt Informationen und Unterlagen, indem er eine Reihe von Bischöfen, Priestern und Laien über den Kandidaten befragt. Er schickt diese vollständigen Informationen nach Rom, wo eine Kommission von Kardinälen und Bischöfen ganz objektiv die aktuelle Situation beurteilt, die einzelnen Personen in Betracht zieht und dem Papst die Person empfiehlt, die ihrer Meinung nach die geeignetste ist. Die Nominierung eines Bischofs wird nicht im Alleingang gemacht, und ein Weihbischof wird nie ernannt, wenn er nicht von seinem Ortsbischof vorgeschlagen wurde. Seine Funktion ist ,auxiliaris', das heißt ,helfend', und das ist nur möglich, wenn es vom Ortsbischof gewünscht ist."
* Und Bischof Egon Kapellari, stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz: “Es hat im Vorfeld durch Jahre viele Gespräche über Kandidaten gegeben und dies nicht an den Bischöfen vorbei. Die abschließende Entscheidung für Gerhard Wagner, der in seiner Pfarre ja ungemein engagiert und akzeptiert gewirkt hat, ist eine unbequeme und schwerwiegende Herausforderung an ihn selbst und an die sehr ausgeprägten gegensätzlichen Flügel in der Kirche von Linz, ihre Verantwortung für die gemeinsame Kirche zu erkennen und in die Praxis umzusetzen."
* Schließlich der Linzer Bischof, Ludwig Schwarz, anläßlich der Ernennung: “Ich danke Gott und freue mich darüber, daß ich durch den Papst einen Weihbischof erhalten habe, der für mich und für die Diözese, wie ich es hoffe und wünsche, eine echte Hilfe sein wird. Durch sein Studium in Rom ist er in der Theologie gut beheimatet und bringt aufgrund seines langjährigen Wirkens als Kaplan und Pfarrer eine reiche pastorale Erfahrung mit. Mit großer Liebe widmet er sich vor allem den Kindern und Jugendlichen. Er liebt die Kirche und dient mit Hingabe und Engagement. Ich heiße den neuen Weihbischof in Linz herzlich willkommen und bitte alle Gläubigen, ihn mit Offenheit anzunehmen."
Und bei der Pressekonferenz mit Wagner ergänzte Bischof Schwarz: “Ich freue mich aufrichtig darüber, daß Papst Benedikt XVI. Pfarrer Dr. Gerhard Maria Wagner zum Bischof ernannt hat." Und: “Was mir leid tut, war die zum Teil sehr negative Berichterstattung. Ich glaube, der Weihbischof hat sich um diesen Posten nicht beworben. Er hat in Gehorsam dem Papst gegenüber diese Aufgabe in aller Demut übernommen. Da würde man auf christlicher Seite eine bessere Begrüßung und Einführung erwarten, als hauptsächlich von negativen Dingen zu sprechen. Das war wirklich unschön in unserer Diözese. Das möchte ich hier deutlich sagen."
* Über die Qualifikation Wagners (siehe auch Seite 8) geben am besten zwei Wortmeldungen von Jugendlichen aus Windischgarsten Auskunft. Die 18jährige Christina K.: “Wir sind mit ihm groß geworden und er hat uns durch seinen unermüdlichen Einsatz zu dem Menschen geformt, der wir sind. Er wird ein großes Loch hinterlassen. Wir werden nie vergessen, was er alles für uns getan hat. Persönlich verliere ich einen Menschen und Beichtvater, der mich nur anzuschauen brauchte, und er wußte, was mit mir los ist - das fehlt mir jetzt schon und tut sehr weh."
Und der 17jährige Daniel: “Ich finde es schade, denn ich habe vor allem die Jugend- und Jungscharfahrten mit ihm sehr genossen. Er wird mir fürchterlich fehlen, denn er war als Mensch und Pfarrer sehr wertvoll."
Die Medien
So gut wie alle Medien mit großer Reichweite haben es im Umgang mit den beschriebenen Ereignissen sträflich verabsäumt, ihre eigentliche Aufgabe, nämlich zu informieren, wahrzunehmen. Sie haben von Anfang an Partei gegen den Papst und dessen Entscheidungen ergriffen. Dankbar für die leider zahlreichen innerkirchlichen Kritiker wurde das Geschehen als “Kampf um Rom" inszeniert mit deutlicher Präferenz für jene, die zum Sturm auf die “veralteten, vorkonziliaren Bastionen" rund um den Petersplatz geblasen haben.
Fast alle Medien haben sich auf papstkritische Wortmeldungen konzentriert, haben Äußerungen - wie beispielsweise die Aussagen Wagners zum Hurrican Cathrina -verkürzt wiedergegeben und sie lächerlich gemacht. Das Geschehen wurde undifferenziert und schablonenhaft dargestellt. Besorgnis erregt, wie uniform die veröffentlichte Meinung ist, wie gleichgeschaltet die Äußerungen der “Eliten" .
Die Erfahrung der letzten Wochen sollte eine Lehre sein, die Christen bei künftigen, ähnlichen Ereignissen in Erinnerung behalten sollten: Die Leitmedien im deutschsprachigen Raum informieren in Fragen der Kirchenberichterstattung nicht, sondern sie betreiben Kirchenpolitik. Wer sich zur Lehre der Kirche und zu den Entscheidungen des Papstes bekennt, erscheint da als vorgestrig, ja geradezu als sektiererisch. Als gläubiger Christ muß man daher dankbar für die wenigen Medien wie kath.net, zenit.org, Die Tagespost, Radio Maria, Radio Horeb sein, die sich dem Lehramt verpflichtet fühlen, das kolportierte, einseitige Bild ergänzen und entscheidend dazu beitragen, daß Christen nicht die Orientierung verlieren.
CG