Ist Ihnen aufgefallen, daß es in Pfarren und katholischen Gemeinschaften viele Angebote für Familien, Ehepaare und Jugendliche gibt - aber kaum etwas für die vielen Alleinstehenden?
Haben Sie sich schon einmal die spezifischen Fragen und Sorgen von Menschen bewußt gemacht, die bemerken, daß sie älter werden und den ersehnten Ehepartner weit und breit nicht erblicken?
Seit einigen Jahren betreiben wir auf Wunsch von Weihbischof Andreas Laun das katholische Heiratsportal (www.kathtreff.org). Es bietet Katholiken an, sich in einem geschützten, vertraulichen Forum zu finden und ermöglicht ein erstes Kennenlernen. Viele haben sich da bereits gefunden, Familien wurden gegründet und sogar schon Babys geboren. Der Dank dafür ist eine große Freude für unser Team.
Aber geht es uns nicht allen so: im Nachhinein vergißt man schnell die Ängste, die man vorher ausgestanden hat? Wenn ich mit katholischen Alleinstehenden arbeite, trifft es mich hart, wie sehr Unsicherheit und Zweifel an manchen nagen. “Wie kann es sein, daß Gott mir den Wunsch zu heiraten ins Herz legt, und mir dann niemanden schickt?" “Was mache ich falsch? Habe ich zu hohe Ansprüche?" “Was, wenn sich Gott gar nicht um mich persönlich kümmert - vielleicht ist Er ja nur der Schöpfer? Ich verlasse mich auf Ihn - rede aber ins Nichts hinein?" “Wohin soll ich noch gehen? Ich habe alles probiert."
Auf diese Fragen ist es einfach, theologisch richtige Antworten zu geben. Aber erreichen wir damit den Menschen in Not? Einfache Antworten bergen die Gefahr, die Einsamkeit zu verstärken. Die richtige Antwort liegt in der Hoffnung des Christen - keine billige Hoffnung à la “es wird schon werden": Zuerst heißt es, sich Gott zu jeder Sekunde, besonders in den schweren Momenten, vertrauensvoll zuzuwenden. Dazu muß man Ihn immer besser kennenlernen - und sich täglich neu für den Schritt auf das Drahtseil entscheiden. Ja, das ist anstrengend!
Das Ziel ist es, Gottes Wege zu lieben. Auch wenn es andere sind als meine. In dieser Lebenssituation lernt man Gott am besten im geistlichen Erleben kennen. Als Inspiration dazu ist unser soeben erschienenes Büchlein Hat Gott auch einen Plan für mich? (P. Tilmann Beller beantwortet Fragen von katholischen Singles, siehe nebenan) gedacht.
Dann heißt es auch, Gleichgesinnte zu suchen: Es tut sehr gut, nicht allein zu sein, wenn man Angst hat, als einziger übrigzubleiben. Auf den richtigen “Hochzeiten tanzen", sich engagieren, Verantwortung für andere übernehmen: Das macht attraktiv, bewahrt davor, um sich selbst zu kreisen, und hilft, die rechte Perspektive zu bewahren.
Wenn ich über meine Arbeit spreche, wünschen mir freundliche Menschen oft, daß ich bald jemanden finde. Dabei habe ich ihn schon gefunden! Aber auf dem Weg dorthin habe ich viel Geduld gelernt, geübt, jeden Tag auf Gott zu vertrauen, auch wenn Seine Wege anders als meine waren. Lange, bevor es soweit war, wußte ich, wen ich heiraten wollte. Diese Zeit war hart, weil ich vom Happy End nichts wissen konnte. Aber die Zeit war gut, sie war eine Hinwendung zu Gott, und hat uns geläutert. Gottes Wege sind immer die besten. Wie heißt es in dem schönen Lied? “Was Gott tut, das ist wohlgetan!"
Gudrun Kugler
Woran erkenne ich, daß es der richtige Partner, die richtige Partnerin ist? Die erste Frage, die wir uns stellen, heißt: Stehe ich staunend vor ihrer, vor seiner Größe?
Da sagt ein junger Mann: “Aus diesem Mädchen kann man etwas machen." Wir können unser ganzes Leben lang als Lehrer, Erzieher und Führungskräfte aus jemandem “etwas machen". Aber jemanden, aus dem wir etwas machen können oder wollen, dürfen wir nicht heiraten, weil wir nicht staunend vor seiner Größe stehen, sondern ihn von vornherein als den Kleineren sehen. (...)
Die zweite Frage, die wir uns stellen, lautet: Haben wir genug gemeinsame Interessen oder können sich unsere Interessen finden? Solche gemeinsamen Interessen müssen vor der Ehe da sein. Zu sagen, ja, das kommt schon, das ist einfach falsch.(...)
Die dritte Frage: Wie bewegt sich der andere, der Freund, die Freundin in seiner oder ihrer ursprünglichen Umgebung? Wie bewegt sich ein junger Mann, eine junge Frau in der eigenen Familie? (...) Ein junger Mann, der seine Mutter schlecht behandelt, wird auch seine Frau schlecht behandeln. Was für Freunde hat mein Partner, hat meine Partnerin? Ist das ein Milieu, in dem ich mich wohlfühle? Nicht selten fühlen sich Studenten in ihrem Studentenmilieu mehr oder minder gleich. Das ändert sich, sobald sie erwachsen sind: Das in der Herkunftsfamilie Angenommene kommt dann wieder durch.
Die vierte Frage: Wie reagiert der Partner auf meine Schwächen? ... Ist mein Partner meinen Schwächen gegenüber großzügig oder arrogant? Wenn letzteres der Fall ist, ist es nicht gut, ihn zu heiraten. Es ist sehr schön, wenn sich in einem Paar ein gutes Verhältnis zu den gegenseitigen Schwächen herausbildet. Der Grundton im Miteinander ist dann nicht, “das mußt du ändern" sondern “ich nehme dich an wie du bist."
Hat Gott auch einen Plan für mich? Singles fragen. P. Beller antwortet. Preis 12 Euro. Bestellungen: office@kathtreff.org.