VISION 20003/2011
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Einleitung

Artikel drucken (Christof Gaspari)

Welchen Stellenwert soll der Glaube im modernen Staat haben? Eine Frage, die an Aktualität gewonnen hat. In Frankreich wurde kürzlich das Tragen der Burka (einer Gesichtsverschleierung) verboten und Präsident Nicolas Sarkozy hat eine Debatte über die Laizität ausgelöst. In Ungarn hat die mit zwei Drittel-Mehrheit regierende Fidesz-Partei eine neue Verfassung beschlossen, die sich auf die christlichen Wurzeln des Landes bezieht, was im In- und Ausland eine heftige Polemik ausgelöst hat.
Fragen des Glaubens schienen im Bewußtsein der Öffentlichkeit die längste Zeit reine Privatangelegenheit zu sein. In den Sozialwissenschaften spielten sie nur eine marginale Rolle. Mit der massiven Zuwanderung von Muslimen nach Europa hat sich die Situation aber geändert. Da lebt plötzlich mitten unter uns eine wachsende Zahl von Personen, die ihren Glauben öffentlich bekennen und deren Vertreter unmißverständlich erkären, der Glaube habe Einfluß auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens zu nehmen. Was dabei herauskommen kann, läßt sich in den muslimischen Ländern besichtigen.
Daß dies keine attraktive Perspektive für Europas Demokratien sein kann, erkennen auch die verbissensten Laizisten. Aber, was tun? Die Verunsicherung ist groß. Daher die neu aufgeflammte Debatte: Auf welchem geistigen Fundament stehen Europas Staaten? Haben sie christliche Wurzeln und verdanken sie diesen im Grunde genommen ihre Erfolge? Oder ist die religionskritische Aufklärung, die sich seit der Französischen Revolution als Speerspitze des Fortschritts versteht, die Basis der europäischen Gesellschaft? Kann ein Gemeinschaftswesen überhaupt ohne ein gemeinsames geistiges Fundament überleben?
Das sind Fragen, die uns im folgenden Schwerpunkt beschäftigen sollen.

Christof Gaspari

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