In der Festschrift 25 Jahre staatliche Anerkennung der buddhistischen Religion in Österreich (Wien, 2008) kann man Grußworte von christlichen Amtsträgern lesen. Da heißt es etwa: “(Ich konnte) feststellen, wie sehr christliche Religion und buddhistisch geprägte Traditionen im Dialog stehen und sich gegenseitig befruchten können." Oder: “Ich denke, daß sowohl der Buddhismus wie das Christentum viele grundlegende Werte gemeinsam vertreten, wie Menschenwürde, Freiheit..." usw..
Nun, solche Aussagen sind heute populär, aber angesichts der buddhistischen Realität einfach unzutreffend. Sie führen auch Christen und ausstiegswillige Buddhisten in die Irre. In einer Situation allgemeiner Verwirrung ist das Buch von Paul Williams, Mein Weg zu Buddha und zurück, eine hervorragende Orientierungshilfe. Der Autor hat alles, worüber er spricht, selbst erlebt: die anglikanische Kirche mit ihren inneren Widersprüchen, die Beschäftigung mit dem Buddhismus auf spiritueller und wissenschaftlicher Ebene, den Übertritt und die Verzweiflung hinter Buddhas schöner Fassade, nach längerem Ringen schließlich den Eintritt in die Katholische Kirche.
Er zeigt, daß nicht jeder Übertritt von da nach dort die gleiche innere Logik hat. Es gibt eben Gründe, warum ein Übertritt eine bewußte Bekehrung ist, ein anderer aber nicht: “Nie konnte ich wirklich darlegen, weshalb ich eigentlich Buddhist geworden war. Wenn man mich darüber befragte, antwortete ich mit einiger Verlegenheit, ich hätte so viele Jahre damit zugebracht, den Buddhismus zu studieren, daß ich schließlich die Welt wie ein Buddhist betrachtete. Es passierte einfach so."
Mit scharfen Analysen und souveräner Selbstironie beschreibt der Autor seine Wende zu Christus. Auf seinem Lebensweg durch die interreligiösen Spiritualitätssümpfe macht er die bestürzende Entdeckung, daß “das Heilige ... zu einer interkulturellen, interreligiösen Erfahrungskategorie geworden ist. Das Wesentliche an unserer Begegnung und unserer Übereinstimmung mit der Heiligkeit sind unsere eigenen Empfindungen, sonderbare Gefühle, die im gesamten religiösen Spektrum anzutreffen sind. Als lohnende Erfahrungen wird ihr eigentlicher Ursprung - Gott, Meditation, Atemübungen oder Drogen - unbedeutend. Für mich hat dies jedoch nichts mit dem christlichen Aufruf zu Vollkommenheit und Heiligkeit zu tun."
Der Autor drückt damit sehr präzise aus, was heute ein großes Problem ist: Kaum jemand sagt noch deutlich, was wirklich “heilig" ist. Schleichend wird das Wort “heilig" auf alle möglichen Dinge oder Gefühle und “mystischen Erfahrungen" angewendet. (Aber darauf kommt es gar nicht an, denn diese Gefühle sind mehrdeutig und auch auf dem Weg von Atemübungen oder gar Drogen zu erzielen. “Vollkommenheit" nach Mt 5, 48 ist etwas anderes.)
Wegmarken auf der geistlichen und intellektuellen Reise des Autors waren dann die Werke des hl. Augustinus und des hl. Thomas von Aquin. Deren Licht konnte und wollte er sich nicht mehr verweigern. Seine Überlegungen zur Auferstehung Jesu und zum leeren Grab (und zum Turiner Grabtuch) sind bestens informiert und bestechend scharfsinnig. Einige Themen, die im heutigen Zeitgefühl die Katholische Kirche für oberflächliche Menschen unannehmbar scheinen lassen, werden als Beispiele gerade für die Einsichtigkeit des katholischen Glaubens aufgeführt. Die kirchliche Botschaft zu den Themen Eucharistie, Beichte, Hölle und Empfängnisverhütung ist eben bei weitem einsichtiger und zugleich viel hoffnungsfroher als der ganze Buddhismus.
Im Gegensatz zur Frohen Botschaft Jesu gibt es bei Buddha keine Hoffnung. Hinter der lächelnden Maske des Buddha lauert das Grauen: “Die herkömmliche buddhistische Position verneint ausdrücklich, daß die Reinkarnation die gleiche Person sei wie die verstorbene. Daher ist der Gedanke der Reinkarnation unvereinbar mit dem unendlichen Wert einer Person. ... Für den Christen bedeuten die Auferstehung des Leibes und das ewige Leben, daß unserem Dasein als Person nichts an Wert verloren gehen wird. ... Wenn es die Reinkarnation gibt, dann ist unsere Lage, sofern dies jeden Einzelnen von uns betrifft, hoffnungslos. Ich ziehe die Hoffnung vor."
Das Buch ist ein hervorragendes Zeugnis dieser Hoffnung, die auch Gründe angeben kann. Auch wenn es streckenweise sehr anspruchsvoll ist, ist es jedem zu empfehlen, der ernsthaft um die Wahrheit seines Lebens ringt, und jedem, der diese Wahrheit als Lehrer, Katechist oder Priester vermitteln muß. Auch Verfassern von Grußworten kann es von Nutzen sein.
Wolfram Schrems
Mein Weg zu Buddha und zurück. Von Paul Williams, Pattloch, 287 Seiten, 19,90 Euro.