In der Statistik sind Familien mit drei oder mehr Kindern eine Randerscheinung. Wie kommt man heute mit einer Großfamilie zurecht? haben wir Michaela, Mutter von sieben, und Marietta, Mutter von vier Kindern, gefragt.
War für Euch von Anfang an klar, daß Ihr einmal eine große Familie haben werdet?
Marietta Reinprecht: Mit 13-14 habe ich auf die Frage, was ich werden möchte, meist die Antwort gegeben, ich werde Klosterschwester. Der Wunsch war aber nicht sehr ausgereift. Denn zugleich habe ich Kinder immer geliebt, wollte viele Kinder haben, war dauernd verliebt. Für mich war immer schon die Frage wichtig: Wohin ruft mich Gott?
Michaela Schmalzbauer: Für mich war es ähnlich: Entweder heiraten und eine große Familie, viele Kinder oder Kloster. Das hat gewechselt. Als ich Robert kennengelernt habe, war mir dann klar, daß meine Berufung die Ehe ist. Meine geistliche Begleiterin hat mir da klar vor Augen geführt: Ich müßte dann mein Engagement für Musik und die Charismatische Erneuerung - zumindest für die nächsten 10 Jahre - zurückstecken. Ich würde also nicht nur den Robert heiraten, sondern die Berufung zur Familie wählen. Dieser Gedanke war wichtig für mich - und dann habe ich mich entschieden.
Und wolltet Ihr auch von Anfang an viele Kinder?
Marietta: Zwei bis drei Kinder schienen mir denkbar. Danach wollte ich mich wieder anderweitig engagieren. Ich war Pastoralassistentin. Da waren Beruf und privates Engagement nie ganz auseinanderzuhalten. Eine große Familie - das schien damals irgendwie komisch. Wir sind eigentlich erst im Zuge der Ereignisse auf den Geschmack gekommen, daß viele Kinder schön sind - als wir es an anderen Familien gesehen haben. Heute weiß ich: Mit vier Kindern zu leben, ist Leben pur. Ich bin gewissermaßen an der Quelle der Schöpfung, darf da mitwirken. Auch wenn es manchmal mühsam ist und alle vier gleichzeitig etwas wollen, mache ich mir das oft im Alltag bewußt. Es gibt jeden Tag etwas zu lachen - wenn etwa beim Frühstück das Baby etwas Lustiges macht. Zu zweit haben wir nicht so viel gelacht. Das Leben, das in den Kindern steckt, ist einfach etwas Tolles.
Michaela: Mir war eine Großfamilie nicht fremd. Meine Mutter kommt aus einer Familie mit neun Kindern. Also habe ich eine große Familie gewünscht und gehofft, daß Gott uns viele Kinder schenkt. Ich war von Beruf Hebamme. Auch von daher gab es eine gute Beziehung zu Kindern. 360 Kindern habe ich auf die Welt geholfen.
War es schwer, den Beruf aufzugeben?
Michaela: Es war mein Traumberuf. Ich habe zwar auf etwas verzichtet. Aber eigene Kinder zu haben, das ist mir viel mehr wert.
Wie nimmt das gesellschaftliche Umfeld außerhalb Eurer vier Wände Eure große Schar an?
Marietta: Im allgemeinen positiv. Vielleicht bekommt man auch manche negative Bemerkungen gar nicht mit. Viele sagen: “Toll, wie Du das schaffst!" Aber eine gewisse Verwunderung ist auch da: “Was - die gehören alle Ihnen?" Das kann man ja auch positiv sehen.
Michaela: Ich habe auch schon unhöfliche Äußerungen gehört. Aber ich habe das Gefühl, daß die Einstellung da kippt: Viele, auch ältere Leute, erleben die große Familie positiv. “Daß es so etwas noch gibt!" höre ich öfter. Im Spital, aber nicht nur dort, habe ich erlebt, daß mir Leute etwas erzählen, was sie sonst vielleicht nicht so leicht sagen würden: “Wir hätten so gern mehr Kinder gehabt, aber..." Die Menschen scheinen doch zu spüren, daß es ohne Kinder nicht geht. Meinem Eindruck nach leben wir jetzt in einer besseren Zeit als vor 10-15 Jahren. Auch was die Hilfe, die angeboten wird, anbelangt.
Ist das Eingebettetsein in eine Gemeinschaft von Familien für Euch wichtig?
Michaela: Mir hilft das sehr. Es tut so gut, wenn man wieder ein Baby bekommen hat, daß sich da so viele mitfreuen. Wenn ich an Mütter denke, die Ablehnung erfahren, wenn sie ein Kind bekommen, tut mir das weh. Auch für die Kinder ist es so wichtig, daß sie christliche Kinder als Freunde haben.
Marietta: Wie gesagt: ohne die anderen Familien wäre ich selbst nicht auf den Geschmack gekommen, mehr Kinder zu haben. Außerdem steht man ja oft vor Fragen: in der Erziehung, in der Beziehung zum Mann. Dann sind die Treffen, die wir haben, eine große Hilfe: für den Alltag, aber auch für das Hirn durch die Vorträge, die wir hören. Der Austausch ist ganz wichtig. Allein würde ich vielleicht aufgeben. Denn es ist ja auch ein Kampf. Etwa die Frage: Wieviel “Anderssein" mute ich meinen Kindern zu? Wenn man aber sieht: Nicht nur wir sind die “bösen", “engstirnigen" Eltern, nein, für unser Verhalten gibt es gute Gründe, und unsere Freunde gehen einen ähnlichen Weg, dann stärkt das. Wir leben eben in einem nicht-christlichen Umfeld.
Wie sieht dieser “Kampf" konkret aus?
Marietta: Am deutlichsten wird er für mich beim Thema: Was dürfen die Kinder -was nicht? Wie macht man Kindern klar, daß Nintendo spielen nicht so gescheit ist, wenn doch alle anderen Buben in der Kindergartengruppe Nintendo spielen?
Michaela: Was den Kampf anbelangt, sehe ich zwei Felder: das wirtschaftliche: was wird angezogen, gibt es ein Handy, Computerspiele? Dieses Problem stellt sich bei jedem Kind etwas anders. Und dann gibt es die geistige Ebene, etwa das Thema Kirchgang. Letzteres ist nicht so ein Problem. Aber ich denke: Alles, was selbstverständlich gelebt wird, gehört einfach dazu. Beim Zähneputzen sind sich die meisten Menschen auch einig, daß es dazugehört. Und bei uns gehört das in die Kirche Gehen am Sonntag dazu. Auch hier ist die Gemeinschaft wichtig: bei uns gibt es mehrere Familien für die der Sonntagsgottesdienst normal ist. Für Leute, die diesbezüglich alleinstehen, ist das sicher schwieriger.
Marietta: Ich muß ergänzen, daß es bei uns schon vorkommt, daß etwa die Johanna sagt: “Ich will nicht mit!" Keine Rede von Hurra. Aber dann gehen wir eben trotzdem, ohne Diskussionen.
Welche sind die größten Probleme im Alltag?
Marietta: Schwierig ist, wenn alle gleichzeitig etwas wollen, und du mußt zum Beispiel kochen. Das Baby weint, einer will etwas spielen... Eigentlich sollte ich jetzt gleichzeitig mehrere Sachen machen, aber das geht nicht. Das ist nervlich sehr anstrengend. Was hilft mir da? Manchmal gehe ich einfach ins andere Zimmer und bete: “Heiliger Geist, bitte steh' mir bei! Ich kann nicht mehr." Und jedesmal komme ich anders wieder aus dem Zimmer zurück. Ich kann nicht genau sagen wie. Aber es wird irgendwie erträglich.
Michaela: Es gibt Stoßzeiten - Früh, Mittag, Abend oder wenn all krank sind... Aber es gibt auch ruhigere Zeiten. Meine Erfahrung ist auch: Es macht einen Unterschied, ob man betet oder nicht. Wenn man betet, erlebt man zwar die gleichen Situationen, aber man erlebt sie anders. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, wachsam zu sein, zu unterscheiden: Was ist jetzt wichtiger? Es mag sein, daß es manchmal wichtiger ist aufzuräumen - und ein anderes Mal, alles stehen zu lassen und dem Kind zuzuhören. Da hilft der Heilige Geist. Ich glaube, ich könnte in keinem anderen Lebensstand so gut Gelassenheit lernen wie als Mutter meiner Kinder.
Und die Konflikte zwischen den Kindern?
Marietta: Die halte ich sehr schwer aus.
Wie gehst Du damit um?
Marietta: Das blödeste ist, wenn ich etwa den Clemens maßregle, ohne gehört zu haben, was sich abgespielt hat. Was ich tue? Ich lasse sie streiten, wenn es nicht zu arg zugeht. Manchmal geht es vorüber. Im Idealfall laß ich mir erklären, was passiert ist, wir reden darüber - und manchmal kommen sie selbst auf eine Lösung. Aber dafür muß man Zeit haben.
Michaela: Wenn ich im Frieden bin, ertrag' ich das Streiten leichter. Bin ich selber grantig, schaukelt sich alles rasch auf. Vieles hängt von mir ab. Und da bin ich sehr von der Hilfe Gottes abhängig. Was auch sehr hilft: die Vorträge bei den Familiennachmittagen oder in Radio Maria, wo man lernen kann, wie man mit bestimmten Situationen umgeht.
Wieweit spielen die Väter mit?
Marietta: Würden sie nicht mitspielen, würde es nicht gehen.
Michaela: Die Väter sind sehr wichtig: als Hilfestellung. Auch gerade da, wo ich nicht mehr kann. Andererseits gibt es Dinge, die der Robert besser kann als ich, etwa beim Spielen mit den Kindern. Und in manchem ist er konsequenter. Besonders für die Buben ist der Papa wichtig.
Habt Ihr als Mütter echte Freiräume?
Marietta: Ja, das Ehefrauen-Wochenende, mit Übernachtung. Da übernehmen die Väter die Kinder. Einmal im Jahr. Da sind wir 14 Frauen. Für mich ist das eine totale Entspannung. Man merkt: Was den Frauen am meisten abgeht, ist das Tratschen...
Michaela: ... Tratschen, ohne daß man ein Kind im Auge behalten muß. Frauen kommen ja sehr rasch ins Gespräch. Man redet da offen über alles, was einen beschäftigt. Auszutauschen tut einfach gut.
Marietta: Aber es gibt auch Vorträge - jeweils zu einem Thema. Diesmal ist es: Freude am Frausein. Am Abend gibt es Gebetszeiten.
Michaela: Freiräume gibt es aber auch im Alltag. Besonders die Abende, wenn die Kleinen schon im Bett sind. Es ist dann sehr erholsam, dann mit den Großen zu plaudern, mit Robert zusammenzusitzen oder zu lesen. Irgendwie nützt man dann diese Zeiten intensiver. Ein anderes Beispiel: Wenn ich im Garten arbeite, dann setze ich mich zwischendurch hin und denke mir: Jetzt habe ich ein paar Minuten Urlaub. Und das genieße ich. Außerdem haben wir, Robert und ich, jede Woche einen Eheabend.
Marietta: Ich habe erst seit kurzem wahrgenommen, daß ich bewußt Freizeiten nehmen muß. Mir war gar nicht aufgefallen, daß mir langsam die Kräfte ausgehen. Jetzt sage ich öfter zu Johannes: Ich brauche jetzt eine Stunde, und ziehe mich zurück.
Viele fragen sich heute, ob man noch Kinder bekommen soll. Was ist nun das Schöne daran, mit Kindern zu leben?
Marietta: Es ist schon wirklich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Ich bin ja dafür verantwortlich, Seelen heranzubilden, sie für Gott und für die Mitmenschen zu bereiten. Ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, daß sie für die Liebe Gottes und die der Menschen offen sein können. Ich frage mich oft, wie man das ohne Hilfe des Heiligen Geistes tun kann. Gott sei Dank wirkt Er ja überall - aber ich bin froh, daß ich Ihn immer wieder konkret um Hilfe bitten kann. Wie oft stehe ich an! Weiß nicht, was im Kind vorgeht, wie man ihm helfen kann. Dann ist es schön zu wissen: Gott sehnt sich nach diesem Kind, Er hat es geschaffen, weil Er es unendlich liebt, will mit ihm ein Abenteuer leben - und ich darf da mitwirken!
Michaela: Jedes Kind ist einzigartig, hat eine eigene Persönlichkeit - ist einfach ein Geschenk und bringt Freude ins Leben. Es ist ein Geheimnis der Schöpfung: Die Freude, die mitgeschenkt wird, wenn ein neues Baby kommt. Ich finde es zehnmal schöner, mit den eigenen Kindern zu leben, als irgendwo arbeiten zu gehen. Klar ist es auch eine Herausforderung, aber ich könnte mir nichts Erfüllenderes vorstellen!
Das Gespräch führte CG
Angebote für junge Familien
Jungfamilientreffen
Eine tolle Woche für die ganze Familie.
Zeit: 21. bis 26. Juli 2009
Ort: Schloßpark Pöllau
Info & Anmeldung: Initiative Christliche Familie, DI Robert Schmalzbauer, Tel: 02236-30 42 80, jungfamilien@aon.at, www.jungfamilientreffen.at
Familiennachmittag
Die Gemeinschaft Immaculata in Mödling veranstaltet einen offenen Familiennachmittag und ein Grillfest. Eintreffen ab 14 Uhr.
Infos & Anmeldung: Gem. Immaculata, Husarentempelgasse 4, 2340 Mödling,
Tel: 02236-30 42 80
Tage für Jesus
Tage mit Jesus für Kinder von neun bis 13 in Form einer Kinder-Wallfahrt nach Assisi:
Zeit: 22. bis 26. Oktober
Infos & Anmeldung: siehe oben.