Die heutige gesellschaftliche Situation setzt das Familienleben einer Zerreißprobe aus. Wie wesentlich ein lebendiger Glaube für das gemeinsame Durchstehen von Problemen ist, zeigt das folgende eindrucksvolle Zeugnis einer Familie, die sich für den Glauben entschieden hat.
Wir, Peter (42) und Svetlana (35), sind seit 1995 verheiratet und Eltern von drei Söhnen: die Zwillinge Sascha und Raphael (14) sowie Jan, 6 Jahre.
Mit 32 Jahren erkrankte meine Frau im August 2006 an Brustkrebs. Es bildeten sich Metastasen in der Wirbelsäule und im Knochenmark. Sie konnte vor Schmerzen weder essen noch trinken, schlafen oder gehen. Zur Schmerzbekämpfung wurden ihr Morphiumtabletten verordnet. Die Prognose war hoffnungs- und aussichtslos. Uns wurde gesagt, daß Svetlana wahrscheinlich nur noch bis Weihnachten leben werde.
Schon vorher wollte ich aus der Kirche austreten, tat es aber nicht. Meine Frau, die dem orthodoxen Glauben angehörte, konvertierte in die römisch-katholische Kirche. Die Kinder hatten für den Glauben wenig übrig.
Als eine Freundin von der Diagnose erfuhr, kam sie zu uns ins Haus und begann für uns zu beten. Ich ließ das über mich ergehen und dachte: Wenn es nicht hilft, so wird es auch nicht schaden. Dennoch begann ich heimlich beim Laufen zu beten. Auch gingen wir einmal im Monat zu einer Jugendmesse in Wiener Neustadt.
Nachdem mit einer Hormontherapie begonnen worden war, verbesserte sich der Gesundheitszustand meiner Frau: Bei der ersten Kontrolle Anfang Dezember waren die Ärzte fassungslos, denn der Tumor war um ein Drittel kleiner geworden. Den erstaunten Professoren erklärte Svetlana: “Das ist der Herr, der in mir wirkt." Für uns als Familie waren es die schönsten Weihnachten.
Im Jänner 2007 lud mich Christiane Ortner nach Salzburg ein, um zum Fest der Jugend, wo sie die Musik leitete, zu kommen. Nach längerem Überlegen faßten wir den Entschluß zu fahren. Dort fand am Pfingstsamstag 2007 meine Bekehrung statt. Im Salzburger Dom, am Abend der Barmherzigkeit, spürte ich das Wirken des Heiligen Geistes in mir - und unser Leben veränderte sich: Bei der am nächsten Tag stattfindenden Lebensübergabe versprach ich jeden Sonntag zur Heiligen Messe zu gehen.
Außerdem lernten wir in Salzburg Br. Philemon, einen Franziskaner, kennen. Jan schloß ihn gleich in sein Herz, und mittlerweile ist er für uns ein Familienmitglied und ein geistiger Beistand geworden.
Die nächste Station auf unserem Weg war das Jungfamilientreffen in Pöllau im Sommer, an dem wir alle teilnahmen. Zwar wollten die Zwillinge zunächst nicht mitfahren. Sie sagten: “Fällt euch nichts Besseres ein, als bei 40 Grad zu beten?" Wir versicherten ihnen daraufhin, sie dürften, wenn es ihnen nicht gefallen sollte, nach Hause fahren, worauf sie mitkamen.
In Pöllau erneuerten wir dann, Svetlana und ich, unser Eheversprechen: Die Worte “in Gesundheit und Krankheit" erhielten da eine ganz tiefe Bedeutung. Wir sprachen sie unter Tränen. Wegen Svetlanas angegriffener Gesundheit konnten wir leider nicht die ganze Woche bleiben, sondern mußten einen Tag früher abreisen. Wer nicht nach Hause mitkommen wollte, waren Sascha und Raphael. Sie fanden dort viele christliche Freunde, mit denen sie heute noch in Kontakt sind. Und auf dem Heimweg fragte Sascha, ob wir nicht als Dankeschön für diese Wochen einen Rosenkranz beten könnten. Raphael wiederum wollte zu unserem Erstaunen wissen, wie wir Radio Maria empfangen könnten. Im Oktober 2007 hörten wir erstmals Radio Maria. Seither schöpft unsere Familie viel Kraft aus diesem lebendigen Radio.
Als unsere Zwillinge nach einer Reise mit der Gemeinschaft Immaculata für Jugendliche zwischen 9 und 13 Jahren aus Medjugore zurückkamen, waren sie zu unserer Verwunderung ganz verändert. Sie stritten weniger, versöhnten sich schneller und gingen freiwillig zur Heiligen Messe.
Br. Philemon erzählte, daß sie in Medjugorie vieles in Bezug auf die Krankheit von Svetlana verarbeiten konnten. Sascha sagte, er habe die Liebe zum Rosenkranz entdeckt. Nun betet er ihn regelmäßig. Seit damals besuchen wir auch die Familiennachmittage der Gemeinschaft Immaculata in Mödling und bemühen uns, als Familie den Weg mit Gott zu gehen.
Bei einer Kontrolle im Frühjahr 2008 wurden bei meiner Frau Lebermetastasen diagnostiziert. Sie mußte sich einer Chemotherapie unterziehen. Drei Tage waren wir sehr traurig. Dann sagte Svetlana zu mir: “Ich wünsche dir, Peter, daß du nur ein Drittel von dem an Vertrauen und Zuversicht hast, was ich durch den Herrn in meinem Herzen spüre. Dann bräuchtest du auch keine Angst zu haben." Dieses große Vertrauen meiner Frau gab auch mir wieder Hoffnung und neuen Lebensmut.
Die Lebermetastasen sind nach der Chemotherapie im Wachstum gestoppt worden. Eine gute Lebensqualität stellte sich wieder ein.
Nach dem Fest der Jugend 2008 erinnerte sich mein 5jähriger Sohn Jan an einen Vortrag von P. Johannes Lechner, in dem dieser über die Gründung von Kindergebetskreisen gesprochen hatte. Und so machte er es sich zum Anliegen, auch so einen Kindergebetskreis zu gründen. Dieser findet nun seit September 2008 monatlich statt und wird von etwa 10 Kindern im Alter von drei bis 12 Jahren besucht. Außerdem ist Jan in Eggendorf der erste Ministrant seit 10 Jahren, und Sascha machte es seinem kleinen Bruder nach und begann ebenfalls zu ministrieren. Weil unsere Beziehung zu Jesus immer intensiver wurde, begann ich im Februar 2008 bei Radio Maria als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Übertragungstechnik.
Als Raphael nach einer weiteren Kinderwallfahrt, diesmal nach Tschenstoschau im Oktober 2008, heimkam, sagte er zu seiner Mama: “Wenn du stirbst, Mama, dann weiß ich jetzt, daß es dir im Himmel gut geht und du auf uns herabschaust." Wir dankten Gott und priesen ihn, daß Raphael diese Gnade erfahren hat.
Am Karfreitag mußte meine Frau wieder mit einer Chemotherapie beginnen, da die Metastasen in der Leber neuerlich größer geworden waren. Dennoch gehen wir den Weg des Glaubens weiter im Vertrauen auf die Gnade des Herrn.
Unser Haus ist ein Haus der Begegnung geworden. Für viele Freunde wurde es zu einem Ort des Auftankens. Durch das Wort Gottes, das wir mit ihnen teilen, konnten viele Trost und Liebe in ihren Alltagssorgen erfahren und ihre Lasten abladen. Viele verstehen nicht, daß wir in unserer Situation noch für andere ein offenes Ohr haben. Doch die Kraft und die Freude, die wir aus dem Glauben schöpfen, möchten wir immer wieder weitergeben. Vor kurzem sagte Jan: “Jesus, wenn die Mama stirbt, paß' bitte gut im Himmel auf sie auf...."
Menschen können es nicht glauben, daß meine Frau, ja wir alle so viel Lebensfreude und Energie trotz dieser neuen Chemotherapie geschenkt bekommen. Die Erkrankung sieht man Svetlana nicht an, weil sie von der Liebe des Herrn erfüllt ist. Und in den schwierigsten Momenten spricht Jesus zu ihr: “Vertraue auf mich."
An diesen Worten hält sie sich fest: “Jesus, ich vertraue auf dich."
Peter Ungar