VISION 20002/2024
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Gott sei Dank wurde ich nicht gesegnet

Artikel drucken Zeugnis einer Frau, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung gelebt hat (Linda Gray)

Im Rückblick auf Ihr Leben erklärt die Autorin, warum ein Segen für ihre „irreguläre“ Beziehung sie von einer tiefen Bekehrung abgehalten hätte. Ein Beitrag zur Diskussion um die umstrittene Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.

 

 
Linda Gray  

Während meines Studiums ging ich eine Beziehung mit einer anderen Frau ein. Sie war eine praktizierende Katholikin. Ich war weniger praktizierend, sondern eher gelegentlich katholisch. Der wöchentliche Besuch der Messe gehörte immer noch zu ihrer Routine, und so gingen wir manchmal zusammen. Normalerweise begleitete uns ihre Schwester, daher fühlte es sich eher wie eine Gruppenaktivität an, als wenn wir „zu zweit“ gewesen wären.
Wenn wir gingen, fühlte ich mich beim Friedensgruß immer unsicher und fragte mich, ob die Leute erkennen würden, dass wir zusammen waren, weil wir uns schnell umarmten. Das Gleiche galt für den Weg zur Heiligen Kommunion: Ich fragte mich, ob mich vielleicht jemand ansehen und es wissen würde. Ich erkenne jetzt, dass dieses Gefühl darauf zurückzuführen war, dass Jesus mich ansah – und alles wusste.
Leider kam mir die Frage, ob ich würdig sei, die Kommunion zu empfangen, nie in den Sinn. Wenn es bei ihr der Fall war, hat sie es nie erwähnt. Als junge Katholikin der 90er und frühen 2000er Jahre scheint mir, die Stand-der-Gnade-Katechese nicht ins Herz gefallen zu sein. Vielleicht wurde es nicht genug betont. Oder ich habe ihre tiefe Bedeutung und die der Todsünde im weiteren Sinne nicht verstanden. (…)
Eine andere Art, Katholiken in diesem Staat zu beschreiben, wie ich es einmal war, wäre: Wir waren es, die aktiv schwere Sünden begingen, aber ohne die Absicht, unser Verhalten zu ändern. Mit dieser Haltung könnten wir im Beichtstuhl nicht freigesprochen werden. Wie könnten wir dann öffentlich dafür gesegnet werden? Die Idee, einen Priester um seinen Segen zu bitten, während wir uns an den Händen hielten und den Kopf senkten, wäre unvorstellbar gewesen.
Trotz unserer Verwirrung und unserer Bereitschaft zur Sünde wussten wir immer noch, dass die Kirche, in der wir aufgewachsen waren, das, was wir taten, nicht gutheißen würde. Diese Gewiss­heit war ein wichtiger Stachel in meinem Gewissen.
Bald konnte ich mich nicht mehr gleichzeitig als LGBT und als Katholikin ansehen. Leider entschied ich mich für das viel, viel Mindere davon und verließ die Kirche endgültig (so dachte ich jedenfalls; alle Ehre gebührt Gott für die Gnade der Reue, die mich Jahre später überfluten würde).
Das letzte Mal, dass wir gemeinsam die Messe besuchten, war der Heilige Abend 2012. Wir waren davor schon lange nicht mehr in der Messe. Ungefähr einen Monat zuvor hatten wir nämlich beschlossen, uns zu „verloben“. Konfrontiert mit unserem Mangel an Glauben verließen wir die Kirche schließlich mitten im Glaubensbekenntnis und kehrten nie mehr zurück.
Ich bin mir sicher, dass unsere Entscheidung, uns durch einen Heiratsversuch zu unserer Sünde zu bekennen, uns plötzlich vom Glauben trennte, an dem wir halbherzig festhielten. Wir wussten schon vor mehr als zehn Jahren, dass unsere Pläne im Widerspruch zum katholischen Glauben standen. Wir konnten nicht guten Gewissens die Mitgliedschaft in einer Kirche beanspruchen, deren Lehren wir nicht befolgen wollten.
Als wir unsere Hochzeit planten, beklagten wir, dass wir nicht einmal daran denken konnten, eine katholische Hochzeit zu feiern. Hätte es damals schon die Idee gegeben, unsere Ehe von einem Priester segnen zu lassen, hätten wir uns sicher darum bemüht – nicht als Hilfe, die uns ermöglicht, Gott näher zu kommen, sondern als Gelegenheit, unsere Entscheidungen zu legitimieren, sowohl uns selbst wie auch unseren verzagten Familien gegenüber.
Jesus kam nicht für die Gerechten, sondern für die Sünder. Amen. Und diese Sünder sind, sobald sie berufen sind, jedoch zur Bekehrung aufgerufen.
Seien wir ehrlich: In gleichgeschlechtlichen Beziehungen geht es um das Geschlechtliche. Das ist es, was sie von zwei Menschen unterscheidet, die sehr enge Freunde oder langjährige Mitbewohner sind. Ja, Zuneigung, gegenseitige Fürsorge und romantische Liebe können vorhanden sein, aber das bestimmende Merkmal und der Grund für eine gleichgeschlechtliche Beziehung ist klarerweise sexueller Natur. Sie würden eine sich als LGBT-identifizierende Person nicht schockieren, wenn Sie dies sagen.
Die Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares als Paar kann nicht verhindern, dass dem Priester die Realität der sexuellen Natur der Beziehung vor Augen geführt wird. Das Gleiche gilt für zusammenlebende und geschiedene/wiederverheiratete Paare.
Die besonderen Bestimmungen von Fiducia Supplicans erklären, dass diese nicht gesegnet wird. Aber warum sollte es notwendig sein, zwei Personen mit einem einzigen Segen zu segnen – als wären sie ein Fleisch – und nicht jeden einzeln, wenn die besondere Natur der Beziehung für den Segen nicht relevant wäre?
Ich brauchte keinen Priester oder eine Gemeinde, die mich auf dem Weg ins Verderben begleitete – und schon gar nicht, ohne mich daran zu erinnern, wohin wir wollten. Ich musste die Last meiner eigenen Sünde und die Leere eines Lebens spüren, das von einer Bundesbeziehung mit Gott getrennt war, um den geistlichen Tiefpunkt zu erreichen, der mein Herz schließlich für Christus öffnen sollte.
Jesus will von allen von uns, dass wir Ihm unser ganzes Leben übergeben. Wenn wir einen Teil davon vorenthalten, weil wir uns Seiner Gnade unwürdig fühlen – oder, was noch schlimmer ist, ihrer gar nicht bedürfen – berauben wir uns einer geistigen Erneuerung und einer intimen Beziehung zu Dem, Der uns liebt. Wenn nun unsere Hirten stillschweigend oder ausdrücklich uns so anleiten, dass wir Gottes Barmherzigkeit ablehnen, indem wir an unseren Sünden hängen statt am Kreuz, dann verfehlen sie ihre von Gott verliehene Berufung total.
Als ich meine Partnerin verließ und von ihr geschieden wurde, war ich immer noch Kirchen-Mitglied. In dieser Zeit heiratete ich meinen Mann, der ebenfalls getaufter, aber nicht praktizierender Katholik war. Wir heirateten zivilrechtlich auf unserem Bauernhof und waren voll Eifer, unser Familienleben aufzubauen. Nach vier kinderlosen Jahren erlebten wir, sowohl mein Mann wie ich, gleichzeitig eine tiefe Bekehrung. Wir begannen, in die Messe zu gehen und lernten unseren Pfarrer kennen. Uns war klar, dass wir das Sakrament der Versöhnung empfangen sollten, um wieder in die Kirche aufgenommen zu sein. Was wir nicht erkannten: Wir brauchten das Ehesakrament.
Einfühlsam erklärte uns unser Priester, warum wir als Katholiken kirchlich heiraten sollten. Auf den Empfang der Eucharistie zu warten, war eine Herausforderung – und ein Geschenk. Diese Zeit der Entsagung weckte in meinem Herzen eine große Sehnsucht nach Jesus und eine tief empfundene Reue. Der Empfang der Eucharistie an unserem Hochzeitstag war wie eine zweite Erstkommunion, eine Freude, die ich gegen nichts tauschen möchte.
Wir bekamen auch den sakramentalen Segen für unsere Ehe, der die Gnade schenkt, die wir brauchen, um unserer Berufung treu zu bleiben. Ich kämpfte mit den Tränen, als der Priester mir den Brautsegen gab, um Fruchtbarkeit und Kinder. Was hätte ich nicht alles versäumt, hätte er uns einfach in der Messe mit einem ad-hoc-Segen für unsere irreguläre Beziehung willkommen geheißen!
Hätte ein Priester seine Hände zum Segen über eine meiner sündhaften Beziehungen erhoben, hätte ich meine Sünde weiter verschlimmert, wenn ich die Eucharistie unwürdig empfangen hätte. (Es ist unwahrscheinlich, dass ein Priester, der bereit ist, Paaren diesen Segen zu geben, ihnen dann die Kommunion verweigert.)
Ich hätte eine halbherzige Beziehung zum Herrn fortgesetzt, ohne mich um Bekehrung zu bemühen. (Katholiken, die diesen Segen als Paar und nicht als Einzelpersonen anstreben, scheinen ihre Sünde wahrscheinlich nicht als reformbedürftig anzusehen.) Ich hätte anderen jedes Mal Anstoß gegeben, wenn sie dies gesehen hätten, und möglicherweise einige durch mein schlechtes Beispiel in die Irre geführt.
Der wichtigste Grund, warum ich dankbar bin, dass vor Jahren kein Priester meine gleichgeschlechtliche und meine irreguläre Ehe-Beziehung gesegnet hat, ist meine Tochter. Während ich das schreibe, ist sie an meiner Brust beim Stillen eingeschlafen. Nach fast fünf Jahren der Unfruchtbarkeit, hat Gott uns mit einer Schwangerschaft gerade zwei Monate nach unserer Eheschließung gesegnet. Zu empfangen und die Frucht einer heiligen Eheschließung war ein Riesen-Segen nicht nur für mich, sondern für unsere ganze Familie.
Hätte ich in meiner selbst gewählten, unfruchtbaren gleichgeschlechtlichen „Ehe“ ausgeharrt, hätte ich meine einmalige Tochter nie bekommen. Ebenso bin ich überzeugt, dass meine derzeitige Ehe spirituell steril geblieben wäre, bis sie sich der Autorität von Jesus unterworfen hätte. Solange ich nicht mein ganzes Leben Gottes Gebot unterworfen habe, würde ich nicht dazu finden, meine Mütterlichkeit voll auszuleben. Weder meine Eltern, noch die meines Mannes wären jetzt Großeltern.
Das ist ein weiterer Grund, warum gleichgeschlechtliche und irreguläre Beziehungen die Kirche verletzen. Sie verwehren nicht nur den betroffenen Personen, sondern auch ihren Familien und Gemeinschaften die Frucht ihrer verfehlten Berufung, sei es für die Ehe, den Ordensstand oder als Ledige. Das müssen wir einander in Erinnerung rufen, um zu vermeiden, nur ja nicht den Anschein zu erwecken, richten zu wollen.
Unsere Hirten sind das Herz unserer katholischen Gemeinschaften. Ihnen wurde unser geistiges Leben in besonderer Weise anvertraut. Wir müssen uns auf sie verlassen können, dass sie uns die Fülle der Wahrheit und Barmherzigkeit anbieten – besonders den eigensinnigen Seelen, die Gott in Seiner Kirche suchen.

Crisis Magazine v. 9.2.24

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